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Die geheimen Botschaften der LiebeDr. Monika Wogrolly

Die geheimen Botschaften der Liebe | 08.10.2019

Warum ist bei uns tote Hose?

Die Situation:

Laura, 44, und Michael, 51, waren allem Anschein nach auf der Sonnenseite des Lebens. Beide hatten beruflich viel erreicht, die Kinder waren Teenager und schon sehr selbstständig. Nun konnten es sich die beiden auch wieder mal als Paar so richtig gut gehen lassen. Das Sexleben der beiden war in den stressigen Jahren abgeflaut, es herrschte eher tote Hose. Als Laura eines Abends von einem Betriebsausflug voller Adrenalin nach Hause kam, gab sie sich einen Ruck, um wieder Feuer in die Liebesbeziehung zu bringen. Doch als sie unter die Bettdecke kroch und Michael erotisch verwöhnen wollte, passierte das Unfassbare: Anstatt vor Wollust zu stöhnen, stöhnte der gute Mann in verzweifelter Abwehr des wollüstigen Überraschungsmanövers! Seine Worte „Ach, lass das doch jetzt bitte, Schatz“ und das Argument, dass er morgen früh rausmüsse und sie ein anderes Mal „dafür“ Zeit hätten, führte bei Laura nicht nur zum totalen emotio­nalen Rückzug. Die Libido des Paares war mit einem Schlag erloschen.

Das Fazit:

Was war passiert?

Ein Missverständnis lag hier vor: Während Michael auf Verstandesebene reagiert hatte, war seine Frau rein emotional motiviert gewesen und sie hatte die
Situation so aufgefasst, als würde ab sofort beim Sex „tote Hose“ herrschen. Laura deutete Michaels Verhalten als gnadenloses Indiz: als sicheren
Hinweis der Zurückweisung ihrer Person. Laura hatte nach längerer Erotik-Pause zuerst Fantasie bewiesen und dann vollsten Einsatz gezeigt. Und Michael? Er hatte in Lauras Augen nicht nur ihrer leidenschaftlichen Begierde, sondern der gesamten Partnerschaft die rote Karte gezeigt. Er sah den Sachverhalt freilich anders: Als Verantwortungsträger müsse er für schwerwiegende berufliche Entscheidungen ausgeschlafen sein. Sich Lauras unerwartetem Erotikmanöver hinzu­geben, hätte ihn ähnlich geschwächt, wie man das beim Sex von Profifußballern vor einem wichtigen Match annimmt.

Was meint die Paartherapeutin?

Prof. Dr. Wogrolly: Laura und Michael sollten sehr schnell und inten­siv reden, um den Irrtum zu erkennen und den Beziehungskonflikt zu lösen. Doch Laura war gekränkt in ein typisches Vermeidungsverhalten verfallen. Im neutralen Rahmen einer Paar­therapie können sie unter Anleitung einer Therapeutin klären, dass die
„Tote Hose“-Zeit in ihrer Sexualität nicht auf mangelnder Leidenschaft, sondern auf Fehleinschätzungen der Stimmungslage des Partners bzw. der Partnerin beruhten. Lauras Deutung seiner fehlenden Bereitschaft zum Sex als Desinteresse spricht für ein in ihr schwelendes Selbstwertproblem. Wichtig ist, Wünsche und Erwartungen, auch geheime Sexfantasien, offen auszusprechen. Damit zum Beispiel Michael weiß, wie wichtig seiner Frau spontaner Sex sei. Auch umgekehrt sollte er erotische Präferenzen kundtun: Dass er es am liebsten mittwochs und freitags um 20 Uhr im Ehebett ­hätte. Die goldene Mitte ist dort, wo sich Paare treffen. Aber keiner sollte seine Wünsche unterdrücken müssen und übergangen werden. Denn dann droht „Tote Hose“-Zeit!

 


Dr. Monika Wogrolly ist Philosophin, Psychotherapeutin, Paartherapeutin und Sexualtherapeutin. Was sie in ihrem Berufsalltag in Klinik und Praxis erfährt, ist Basis ihrer Beratungen, Coachings und Therapien. Zuletzt erschien ihr Buch „Die Beziehungsformel. Endlich glücklich lieben“ (Verlag Ueberreuter Sachbuch).

Haben Sie auch eine Frage an Dr. Monika Wogrolly zum großen Geheimnis der Liebe? Schicken Sie eine Mail an [email protected]