Lifestyle | 30.11.2020
Kopf hoch im Corona-Winter!
MONAT: Der Nebel, die Kälte, die Dunkelheit: Generell schlägt uns die kalte Jahreszeit eher aufs Gemüt als die warme. Was raten Sie Menschen, vor allem jetzt im Corona-Winter samt Lockdown und so vielen Unsicherheiten in Bezug auf Job, Gesundheit, Schule, Beziehungen, um keinen Rappel zu bekommen?
Dr. Susanne Glantschnig: Auch wenn das Wetter im Corona-Winter manchmal nicht sehr einladend ist, Bewegung im Freien bleibt für uns Alle unbedingt notwendig. Sie verbessern damit Ihre Stimmungslage mit Hilfe körpereigener Glückshormone und stärken Ihr Immunsystem. Beschäftigen Sie sich in Lockdownzeiten keinesfalls nur mit negativen Dingen, sondern verstärken Sie bewusst Aktivitäten, die Freude machen. Telefonate oder Videogespräche mit lieben Menschen, das Zubereiten und Genießen von leckeren Gerichten oder gemeinsame Spaziergänge heben das Gemüt. Beim Liebkosen von Haustieren wird das Bindungshormon Oxytocin ausgeschüttet, welches eine beruhigende Wirkung hat.
Was sind bei Ihren Klienten und Klientinnen im Augenblick besonders präsente Themen? Und welche Tipps können Sie geben?
In meiner Praxis erlebe ich sehr unterschiedliche Gefühle und Einstellungen der PatientInnen im Umgang mit Corona. Während manche über positive Erfahrungen, wie neues Gemeinschaftsgefühl innerhalb der Familie berichten, schildern andere ihre Existenzängste und haben teilweise große gesundheitsbezogene Sorgen.
In Krisensituationen ist es hilfreich darüber nachzudenken, welche Verhaltensweisen und Kraftquellen einem in der Vergangenheit bereits geholfen haben, schwierige Situation zu bewältigen. Waren das Gespräche mit Freunden, Familie oder anderen Bezugspersonen? Welche Stärken und Fähigkeiten geben mir Kraft in der Krise? Mehr Achtsamkeit und Selbstfürsorge ins eigene Leben einzubinden ist generell ratsam.
Sie haben es eben angesprochen: Bei vielen ist Angst in Bezug auf die Zukunft, Gesundheit etc. in diesem Jahr ein ständiger Begleiter. Was ist schlecht an Angst? Kann man ihr auch etwas Gutes abgewinnen? Und wie geht man am besten mit ihr um?
Angst ist ein großer Motivator. Wenn Menschen keinerlei Angst hätten, würden Sie nichts vermeiden. Daher macht es Sinn, zu sagen welche Gefahren existent sind oder entstehen können. Sinkende Corona-Infektionszahlen in den Sommermonaten haben dazu geführt, dass die Bedrohung aus den Augen verloren wurde. Nun, in der zweiten Welle, ist die Gefahr und die Angst vor dem unsichtbaren Feind wieder klarer spürbar und dadurch findet die nötige Information wieder mehr Gehör. Wichtig ist aber festzuhalten, die Angst darf auf keinen Fall die Kontrolle über uns übernehmen. Angst bedeutet Stress und schwächt das Immunsystem. Es gilt daher die physische und psychische Widerstandsfähigkeit zu stärken.
Wie gelingt das und wie kann man sich motivieren, durchzuhalten?
Machen Sie Dinge, die Ihnen guttun. Bei einem Waldspaziergang sich mit allen Sinnen auf den Lebensraum Wald einlassen oder schöne Erinnerungen in Fotoalben oder Urlaubsvideos suchen. Kochen und essen Sie möglichst hochwertig, der Körper benötigt in Stresssituationen vermehrt Mineralstoffe, Spurenelemente und Vitamine. Genießen Sie einfach einmal ganz bewusst eine Tasse Kaffee oder Tee in gemütlicher, ruhiger Umgebung. Vielleicht gefallen Ihnen herzige Tiervideos mit Happy End, auch Aufräumen und Ausmisten sorgt für ein gutes Gefühl.
Was möchten Sie noch sagen?
Lebensveränderungen und damit verbundene Einschränkungen sind nicht immer angenehm, ermöglichen aber auch Chancen. An Schwache zu denken, Verantwortung zu übernehmen und unsere Lieben zu schützen, lässt uns einander näher rücken. Psychische Belastungen können mit Verzögerung zu psychischen Erkrankungen führen, die sich erst zeigen, wenn die akute Bedrohung bereits nachgelassen hat. Nutzen Sie bei Problemen professionelle Hilfe, in Akutfällen erreichen Sie Mitarbeiter vom Psychiatrischen Not- und Krisendienst Kärnten: Tel 0664 30 07 007 oder der Telefonseelsorge: Tel 142.