Lifestyle | 27.04.2021
Schmerzfrei durch die Golfsaison
Der Golfsport nimmt an Beliebtheit zu. Doch das Golfspiel erfordert einen komplexen, gut koordinierten Bewegungsablauf. Die körperlichen Belastungen sind dabei vielschichtig. Vor diesem Hintergrund sieht der Facharzt für Orthopädie und Traumatologie, EOA Dr. Matthias Leitner, MSc, zunehmend PatientInnen mit Verletzungen und Schäden, die beim Golfspielen oder in der Vorbereitungsphase durch falsch entwickelte Bewegungsmuster entstanden sind. Sie erfordern meist eine Behandlung an der orthopädisch-traumatologischen Abteilung am a.ö. Krankenhaus der Elisabethinen in Klagenfurt.
Mit 18 Löchern sind GolferInnen vier bis fünf Stunden unterwegs und legen zwischen acht und zehn Kilometer zurück. Der Energieverbrauch beträgt beachtliche 1.400 bis 1.500 Kilokalorien. Von den über 435 Muskeln des Körpers sind beim Golfen rund 400 im Dauereinsatz. Während einer Golfrunde erfolgen, abhängig vom Handicap, 100 bis 200 Schlag- und Schwungbewegungen. So kommt es an nahezu allen Abschnitten des Stütz- und Bewegungsapparates zur kurzen Beanspruchung im Gelenk-, Sehnen-, Band- und Muskel- Bereich – von der Hand über das Handgelenk, Ellenbogen, Schultergürtel, die gesamte Wirbelsäule und die Becken-Hüft-Region, bis hin zum Knie und zum Sprunggelenk/Fuß).
Der Golfsport boomt und die Zahl der GolfspielerInnen steigt ständig. Wem kann aus orthopädischer Sicht zu dieser Sportart geraten werden, wem ist eher abzuraten? EOA Dr. Matthias Leitner, MSc: Golf ist die perfekte Sportart: Es vereint Bewegung mit Konzentration, die ideale Kombination zwischen Anspannung, Entspannung und körperlicher Fitness in frischer Luft und ist aus diesem Grund unbedingt anzuraten. Zu beachten sind allerdings eine verminderte Leistungsfähigkeit, z. B. bei Herzerkrankungen und Beschwerden des Bewegungsapparates. Durch korrektes Aufwärmen im Vorfeld des Golfsports, können viele Verletzungen und Probleme vermieden werden. Golfen gehört nicht zu den high-risk Sportarten und kann, abgesehen vom Profibereich, von jeder/jedem ausgeübt werden. Die Dosis macht aber bekanntlich das Gift. Die Lage und Beschaffenheit des Golfplatzes spielen auch eine Rolle (Golfplatz in der Ebene vs. Golfplatz in höheren Lagen).
Welche sind aus Sicht des Orthopäden die häufigsten Beschwerden beim Golfen? Häufig trüben Schmerzen in der Schulter das Vergnügen am Golfsport oder zwingen gar zur Aufgabe der sportlichen Betätigung. Zu den häufigsten Beschwerden zählt ganz klassisch der Golferellebogen, wobei diese Beschwerdebild auch bei Nichtgolfern auftritt, ebenso wie der Tennisellebogen. Betroffen ist der Sehnenursprung der Hand- und Fingerbeuger am inneren Knochenfortsatz des Oberarmknochens. Die gängigen Symptome eines Golferellebogens sind Schmerzen im Sehnenansatzbereich sowie ein Stechen bei Bewegung, das in den Unterarm oder in den Oberarm ausstrahlt. Im Vergleich zum Tennisarm treten die Beschwerden beim Golferellebogen nicht in den Streckmuskeln, sondern in den Beugemuskeln auf.
Was haben GolferInnen, die an einem Golferellebogen leiden, falsch gemacht? Meist ist eine zu feste und verkrampfte Haltung des Schlägers die Ursache; der Golfschläger wird dann nicht mehr geschwungen, sondern vermehrt gedrückt.
Wie erfolgt die Behandlung bei einem Golferellebogen? Die Diagnostik durch den/die Arzt/Ärztin umfasst eine ausführliche körperliche Untersuchung unter Beachtung der Problemzone(n). Zu den Kernfragen gehört: Wann treten welche Probleme beim Golf auf? Die ersten Maßnahmen sind Physiotherapie und die lokale Anwendung und ergänzende niedrig energetische Stoßwelle. Die gute Nachricht: Der Golferellebogen ist besonders gut behandelbar.
Was ist eine „Golferschulter“ und welche typischen Symptome gehen damit einher? Die Golferschulter bzw. Verletzungen an der Schulter ist die dritthäufigste Verletzung nach Wirbelsäule und Handgelenk, im Amateurbereich eher selten. Dabei ist oft die lange Bizepssehne, die Rotatorenmanschette oder das Schultereckgelenk betroffen.
Zu den Schwachstellen bei GolferInnen zählt der Rücken. Wie lassen sich Schmerzen vermeiden? Hier kommen häufig mehrere Faktoren zusammen: Meist sind Rückenschmerzen durch eine mangelhaft ausgeprägte Bauch- und Rückenmuskulatur, eine mangelnde Flexibilität der Brustwirbelsäule und in erster Linie durch einen fehlerhaften Golfschwung bedingt. Auch hier helfen meist eine Umstellung der Bewegungsroutine, genügend Regenerationsphasen und zusätzliches Bauch- und Rückenmuskeltraining, um die Wirbelsäule zu entlasten.
Ist Golfen bei bestehenden Erkrankungen oder nach Operationen möglich? Dabei kommt es auf die Art der Erkrankung und der Operation an. Bei künstlichen Hüft- und Kniegelenken sehe ich unter Beachtung eines kontrollierten Schwunges weniger Einschränkungen – im Gegensatz zur Schulterprothese.
Golfen mit einer künstlichen Hüfte oder einer Knieprothese ist somit kein Problem? Unkontrolliertes Schwingen, das sogenannte „Reißen“ ist zu vermeiden und führt auch in den wenigsten Fällen zur gewünschten Ballplatzierung, sondern eher durch Slice oder Hook zum Verlust des Balles bzw. zu ungünstiger Schlagposition. Darüber hinaus kann es dabei zu Hüftund
Knieverrenkungen kommen.
Wie gelingt das „Schwung-Comeback“ z. B. nach dem künstlichen Gelenkersatz? Mit dem Pro nach einer ausreichenden Rehabilitationsphase und dem Abwarten einer guten muskulären Stabilisation. Der Schwung muss wieder „erlernt“ und ggf. umgestellt werden.
Wie sieht die ideale Saisonplanung eines Golfamateurs aus medizinischer Sicht aus? Auch in der „golffreien“ Zeit also im Winter sollte eine gewisse Fitness nicht vergessen werden, um im Frühjahr wieder dort weiter zu machen, wo man im Herbst aufgehört hat. Gerade bei durchgemachten Infektionen (z. B. einer COVID-Erkrankung) ist ein gewisser Grundstock an Ausdauer Voraussetzung, um das Spiel genießen zu können. Wer rastet, der rostet, gerade was die Gelenke betrifft.
