Lifestyle | 17.01.2022
Selbstbewusstsein bitte!
Der Schlankheitswahn wird uns von allen möglichen Medien eingeimpft. „Nur, wer schlank ist, hat Erfolg beim anderen Geschlecht, im Beruf, in der Gesellschaft“ – lautet die Devise. Ist dem wirklich so? Selbst im Sportbereich wird Propaganda für Astralkörper gemacht. Gezieltes Abnehmen durch Training mit Fleshlight beispielsweise oder mit harten Workouts in Fitnessstudios, aber kann das der Sinn des Lebens sein? In unserem Artikel möchten wir auf das verzerrte Bild des Schlankheitswahns genauer eingehen und die Frage klären, ob nicht ein gesundes Körpergefühl wichtiger ist, als krankhafter Schlankheitswahn und eine „skinny“ Körperfigur.
Das Körperbild in der Geschichte
Das ursprüngliche Wort für „Diät“ bedeutet eigentlich nichts anderes als einen gesunden Lebensstil zu führen. Trotzdem verwechselt man das heutzutage irrtümlicherweise mit Reduzierung der Nahrung auf drastische Weise. Entweder werden Kohlenhydrate drastisch weggelassen oder tierisches Eiweiß oder Fett. Gleichermaßen unterliegen die eigenen Schönheitsideale einem stetigen Wandel. Wenn man genauer in die Geschichte blickt, galten beleibte Menschen in der Antike von den Spartanern als verachtenswert und wurden dementsprechend bestraft.
Im Mittelalter gab es bereits erste Widersprüche zum eigenen Körpergewicht. Völlerei und Gefräßigkeit galten damals als Sünde. Zur selben Zeit galten jedoch Menschen, die in Zeiten des „Schwarzen Todes“ und des Elends genügend zu essen hatten, als „von Gott begnadet“.
Im Spätbarock wiederum waren üppige Figuren bei Männern und Frauen ein Schönheitsideal. Viele bekannte Maler drückten ihre Bewunderung zu Rubensfrauen in ihren Bildnissen im Impressionismus aus. Auch in vielen Naturvölkern und Kulturen wurde eine beleibte Frau mit Schönheit und Fruchtbarkeit (gebärfreudiges Becken) bewundert und verehrt. Beim Mann wurde Fettleibigkeit mit Macht, Wohlstand und Prestige assoziiert. Und wie sieht es heute mit dem Beauty Bild aus, welches nicht der Norm entspricht?
Schlank sein heute – ein verändertes Körperbild
Wer sich noch an die 50er Jahre erinnert, hat auch Schönheitsideale wie Marilyn Monroe, Zara Leander oder Jane Mansfield im Kopf. Diese Frauen waren vor allem für ihre eher üppigen Rundungen begehrte Stars und Sternchen. Mit der Wende kam auch ein „innovatives“ modisches Schönheitsideal. Die medizinische Fachwelt unterstützte das neue Schönheitsideal. Gleichzeitig wurden von den Medien immer dünnere Stars und Mannequins propagiert. Sei es in der Werbung, in Filmen (man denke nur an „Sissi – Schicksalsjahre einer Kaiserin“). Das damalige Schönheitsideal verkörperte ganz gut das Kindermodel Twiggy. Heutzutage gilt die Twiggy-Figur als überholt und wird kaum noch von Männern attraktiv gefunden.
Dicksein liegt nicht im Trend
Was sich jedoch nicht verändert hat, ist die Einstellung zu adipösen Frauenkörpern. Die Mehrheit der Männer und Frauen finden diesen Figurtyp unpassend, ungesund, unattraktiv und gerne werden adipöse Menschen als faul und ungepflegt bepinselt. Frauen stehen auf gestählte „Bodybuilder“-Figuren beim Mann, möglichst braungebrannt, möglichst sportlich, mit breiten Schultern bei schlanken Hüften und kräftigen Beinen. Männer wie auch Frauen suchen sich gezielt einen schlanken und durchtrainierten Partner. Daraus geht hervor, dass in unserer westlichen Gesellschaft das „Schlank sein“ einen extrem übergeordneten Stellenwert einnimmt.
Das „surreale“ Übergewicht und seine Folgen
Echtes Übergewicht wird durch den sogenannten BMI gemessen, dabei werden Werte wie Körperfettverteilung ganz klar festgelegt. Neben Gesundheitsrisiken wie Herzinfarkt, Diabetes Mellitus Typ I und Typ II geht es auch um Erkrankungen der Atemorgane und des Ausscheidungstraktes. Es gibt jedoch auch Menschen, die schlank oder sogar krankhaft schlank sind und dennoch ein sehr verzerrtes Körperbild haben. Sie zählen Kalorien, achten auf jeden Bissen und jedes Gramm zu viel ist ein guter Grund, um Frust zu schieben. Eine Abnahmekur und Fasteneinheit jagt die nächste.
Ein möglichst niedriges Gewicht, welches unter dem eigenen Idealgewicht liegt, wird angestrebt. Gerade junge Mädchen in der Pubertät werden durch Fernsehsendungen wie Model Castings dazu aufgefordert, schön und dürr zu sein. Dass dieser Schlankheitswahn häufig zu ernährungsbedingten Krankheiten wie Anorexie oder Bulimia Nervosa führen kann, verschweigen die Medien gerne.
Ein besorgniserregender Trend: Bereits Kinder denken ans Abnehmen
Wir lernen bereits in jungen Jahren, dass es gute und böse Lebensmittel gibt. Zu den guten Lebensmitteln gehören gesunde Produkte und fettreduzierte Mahlzeiten, zu den schlechten gehört Fast Food, Süßigkeiten und Kuchen. Gerade in den oberen Gesellschaftsschichten lastet der hohe Druck, dem Gesellschaftsbild gerecht zu werden, auf den Kindern.
Wohlhabende Familien können es nicht ertragen, nicht ins Gesellschaftsideal zu passen und das geben sie auch an ihre Kinder weiter. Zunehmen gilt als eine Form der Schwäche. Es ist zu beobachten, dass Menschen aus anderen Gesellschaftsschichten, denen weniger Geld und Bildung zur Verfügung steht, glücklicher leben, weil sie diesen Druck nicht zulassen und sich ausgewogen und mit Genuss ernähren und kaum Abstriche machen.
Wer steckt hinter dem Schlankheitswahn?
Das Aussehen war schon im gesamten Verlauf der Geschichte wichtig. Schönheitsideale haben sich im Laufe der Jahrhunderte verändert, doch die gegenwärtige Situation nimmt moralische, medizinische und gesellschaftliche Ausmaße an, die höchst bedenklich sind. Große Macht haben dabei die Medien wie Zeitschriften, Internet, Fernsehen und soziale Medien wie Instagram, Facebook & Co. Wohin man schaut, sieht man superschlanke Models, die hippe Mode präsentieren und vermeintlich glücklich in die Kamera lächeln.
Jungen, Mädchen und Burschen wird vorgegaukelt, dass nur der Erfolg beim anderen Geschlecht und im Beruf hat, der sich mindestens in Größe „S“ präsentiert. Weiter muss man nicht lange suchen, um zahlreiche Abnehme-Tutorials zu finden. Gezielte Trainingseinheiten bei einer bewussten Ernährung und Abnehmkuren fliegen uns tagtäglich in Zeitschriften und in anderen Online-Medien um die Ohren. Dem werten Leser beider Geschlechter wird täglich vor Augen geführt, wie das ideale Schlankheitsbild auszusehen hat. Dies erreicht man dementsprechend mit Abnehmkuren, Protein Shakes und harten Workouts.
Unsere Schönheitsvorstellungen weichen – trotz harter Bemühungen – von unserem tatsächlichen Aussehen ab. Der Mensch neigt dazu, immer etwas an sich zu kritisieren. Deshalb wäre es gesund, seinen Frieden mit sich zu machen. Unterstützen kann man seine eigene Gesundheit durch ausgewogene Ernährung und einem gesunden Maß an Bewegung, jedoch sollte auch Raum für Belohnungen bleiben.
Ein Riegel Schokolade oder eine Handvoll Chips muss jederzeit – im Rahmen – auch erlaubt sein. Die Faustregel besagt, dass man sich selbst so akzeptieren sollte, wie man ist. Bei krankhaftem Übergewicht sollte man proaktiv handeln, das ist klar, jedoch sollte man dies in medizinischer Begleitung tun und nicht einem Körperideal hinterherrennen, welches körperlich und psychisch krank macht.