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Lifestyle | 30.03.2022

Moosburger Querdenker

Auf Einladung von Gemeindehirten Josef Scharf wetterte der pensionierte Pfarrer und Corona-Leugner Herbert Stichaller gegen Impfpflicht und Co. Erstkommunions-Kinder mussten die Predigt besuchen

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Alles Eitel Wonne in Moosburg? Diözese Gurk sagt " Ja"!

 

VON WOLFGANG RÖSSLER

 

Der frühere Pfarrer von Ossiach, Herbert Stichaller, reagierte flott auf einen Bericht im Kärntner Monat: „Wir müssen gemeinsam dafür sorgen, dass das Vertrauen in die gottgegebenen Maßnahmen und der Glaube an die segensreiche Impfung nicht durch Leugner erschüttert wird. Viel Erfolg für Ihre journalistische Tätigkeit im Dienste der Wahrheit und Liebe!“, schrieb er vergangenen Donnerstag in einem Mail.

Ganz ernst gemeint war das wohl nicht: In der Vergangenheit hat Stichaller gemeinsam mit Rechtsextremen bei Querdenker-Demos gesprochen. Seine Rede vor der Wiener Karlskirche ist noch immer online nachzulesen: Darin verbreitet der selbsternannte „Priester in Rebellion“ nachweisliche Fake news zur Pandemie, die in dubiosen Telegram-Kanälen gestreut werden.

Der Anlass für Stichallers Mail: Kurz zuvor hatten wir über die österliche Hauptandacht mit Querdenker-Besetzung in Moosburg berichtet. Der dortige Oberhirte Josef Scharf hat schon in der Vergangenheit landesweit mit höchst merkwürdigen Pfarrbriefen für Aufsehen gesorgt. Mal nannte er den Klimawandel einen „Mythos“, mal schwadronierte er im offizielle Organ der Moosburger Kirche darüber, ob es womöglich eine geheime Weltverschwörung von Freimaurern gebe. Vor allem aber machte er kein Hehl daraus, was er von Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie hält: Nichts. Corona sei ziemlich harmlos.

Vergangenen Herbst sah sich Generalvikar Johann Sedlmaier, sozusagen der Geschäftsführer der katholischen Kirche in Kärnten, nach einer Anfrage des Monat zu einer deutlichen Distanzierung von Scharf veranlasst. Zugleich stellte er diesem disziplinäre Konsequenzen in den Raum – sollte der Pfarrer sich in Zukunft nicht zurückhalten. Es blieb bei einem klärenden Gespräch.

Ein solches fand laut Sedlmaier auch statt, als der Monat enthüllte, dass Scharf vergangenen Woche gleich vier prominente Corona-Leugner als Prediger für die österliche Hauptandacht in der Kirche Moosburg eingeladen hatte. „Pfarrer Scharf hat mir im persönlichen Gespräch versichert, dass die Inhalte der Hauptandachts-Predigten Themen der Katholischen Glaubenslehre sein werden, wie sie im Katechismus der Katholischen Kirche angeführt sind“, erklärte Generalvikar Sedlmaier auf Anfrage.

Dem MONAT liegt nun eine Audioaufnahme der Predigt von Herbert Stichaller vergangenen Freitag vor. Und darin ging es im Kern um nichts anderes als um die Corona-Maßnahmen – und den seiner Ansicht nach gebotenen Widerstand dagegen: „Die 120 Priester, die einen Brief an unsere Bischöfe geschrieben haben, taten das nicht, um sie wegen ihrer Aussagen zur Impfpflicht in Bedrängnis zu bringen, sondern um mit ihnen in einen Dialog zu treten“, erklärte Stichaller. „Und die vielen Rosenkranzbeter, die Woche für Woche auf die Straße gehen, tun das nicht um zu spalten, sondern um zu vereinen.“

Tatsächlich gibt es eine kleine Gruppe von fundamentalistischen Katholiken, die sich bei Corona-Demonstrationen rund um den rechtsextremen Aktivisten Alexander Tschugguel und seine Organisation „Katholischer Widerstand“ formieren und mit Rosenkranzgebeten gegen Masken- und und Impfpflicht aufbegehren. Und gegen die Amtskirche, der sie vorwerfen, die gesetzlichen Corona-Vorgaben der Bundesregierung ohne Protest zu erfüllen. Tschugguel erlangte vor drei Jahren weltweite Prominenz, weil er aus einer römischen Kirche fünf Figuren einer indigenen Gottheit entwendete, die im Rahmen der Amazonas-Synode dort ausgestellt wurden. Der rechtsextreme Aktivist warf sie in den Tiber, weil er sie für Gotteslästerung hielt. Am Ende entschuldigte sich Papst Franziskus persönlich bei den indigenen Völkern für die Straftat.

Stichaller weiter: „Nicht nur Priester, auch viele aus dem Kirchenvolk zeigten sich verwundert und besorgt, dass die Hirten, wenn es um das christliche Gewissen geht, nicht zuerst auf vor Altäre treten, sondern gleich auf die Wünsche der Regierung eingehen.“ Diesen „Vorwurf“ konnte er zumindest der Pfarre Moosburg nicht machen. Augenzeugenberichten zufolge trugen von rund 50 Besucherinnen und Besuchern in der Kirche gerade eine Handvoll Masken.

Stichallers Predigt mag man mit Bauchweh unter dem Titel Meinungsfreiheit durchgehen lassen. Problematisch ist aber, dass zahlreiche Volkssschulkinder anwesend waren – und zwar nicht unbedingt freiwillig. Sie müssen den Besuch per Stempel nachweisen, um für die Erstkommunion im Frühsommer zugelassen zu werden.

Auch der Diözese Gurk liegen die Kernpassagen der Predigt von Herbert Stichaller vor. „Aus Textpassagen, die aus dem Zusammenhang einer gesamten Predigt zitiert werden, ist noch kein Widerspruch zu meiner ursprünglichen Aussage abzuleiten, die für mich nach wie vor Gültigkeit hat“, sagt Generalvikar Sedlmaier.