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Lifestyle | 28.04.2021

Aufgedeckt: Martin Strutz sollte Provisionen kassieren

Geheim-Deal: Martin Strutz hat nach Ernennung zum Projektkoordinator der Stadt Klagenfurt zwei lukrative Provisionsverträge unterschrieben. Er bestreitet das. VON FRANZ MIKLAUTZ

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Der Projektkoordinator der Stadt Klagenfurt, Martin Strutz © picturedesk.com/Michael Gruber

 

Martin Strutz wählte die Salami-Taktik: Zuerst sagte er, wir würden ihn verwechseln und wir meinten sicher "den anderen Martin Strutz, den Immobilienmakler". Nachdem wir ihn damit konfrontierten, dass seine Unterschrift vorliegt, sagte er dann, "ah, ja, ich weiß schon, was Sie meinen". Als wir ihn dann fragten, ob es zwischen dem Investor und der Stadt Klagenfurt zu einem Termin gekommen sei, sagte er zuerst, "ich weiß es nicht". Als nächstes erklärte er dann, dass es zwischen der Firma des Investors, der CDC, unter seinem Mitwirken, nie zu einem Kontakt mit der Stadt gekommen sei. Am nächsten Tag fiel ihm dann aber ein - nachdem wir von der Stadt Klagenfurt bereits wussten, dass es zum Termin mit dem Investor gekommen ist -, dass er doch am Zustandekommen des Termins mitgewirkt hatte. Jedoch sei der Investor nicht von der CDC, sondern von einer anderen Firma gekommen. Die, wie der Kärntner MONAT herausfand, aber ebenso im Teilbesitz des Investors stand. Ein Verwirrspiel um einen delikaten Provisionsvertrag, der Martin Strutz Tausende Euro versprach.

 

Egyd Gstättner bezeichnete den Mann einmal als „einen der Herzbuben in Haiders Buberlpartie“. Der Schriftsteller hielt vor einiger Zeit, es war 2018, eine Art Wutrede – ausgerechnet im Rahmen der 500-Jahr-Feierlichkeiten der Landeshauptstadt Klagenfurt. Der Kalender zeigte Mai, Frühling, draußen erstmals Sonne und warme Tage. Nur die Medien gaben nichts auf Harmonie. Im Gegenteil – im heimischen Blätterwald zogen Wolken auf. Der Grund: Für den von Gstättner in seiner Wutrede Gescholtenen war kurz zuvor eine neue Funktion im Magistrat Klagenfurt geschaffen worden: Projektkoordinator. Der Mann sollte sich um zukünftig große Aufgaben der Stadt kümmern. Ironischerweise packte Gstättner seine Zornesrede ausgerechnet im Rahmen eines solchen Projekts aus: Denn die 500-Jahr-Feierlichkeiten wurden just vom „Herzbuben“ koordiniert. Erraten: Es geht um Martin Strutz.

Gstättner hatte Strutz‘ Namen zwar nicht explizit erwähnt. Für Zuhörer mit politischem Verständnis war aber klar: Hier geht es um den ehemaligen Haider-Intimus. Um Strutz. Um den Blau-Politiker, der in seiner Laufbahn außer vielleicht Bundespräsident oder Kanzler so gut wie alle Ämter innehatte: Nationalratsabgeordneter, Landeshauptmann-Stellvertreter, dritter Landtagspräsident, FPÖ-Parteichef, Klubobmann, Landtagsmandatar, Gemeinderat, Klubsekretär, persönlicher Haider-Assistent – vermutlich ginge es schneller aufzuzählen, auf welchem Politsessel Strutz noch nicht saß.

Doch dann der Stilbruch: 2015 wechselte der Ex-Haider-Getreue unter dem Rätselraten vieler Beobachter in die rote Bürgermeisterstube von Maria-Luise Mathiaschitz: Und wurde für kurze Zeit ihr Büroleiter. Zuvor hatte er diesen Job noch für den damaligen (und kürzlich wiedergewählten) Bürgermeister Christian Scheider gemacht.

 

 

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Der Wortlaut aus der Provisionsvereinbarung

 

„Hintertür“. Und dann eben 2018. Und die Wolken in den Medien. Die Opposition zürnte. Weil Strutz im Schnellsiedeverfahren zum Projektkoordinator erhoben worden war. Der damalige FPÖ-Vizebürgermeister Wolfgang Germ ätzte gar, Strutz habe es mit einem „Leasingvertrag“ durch die „Hintertür“ ins Rathaus geschafft. Und das mit hohen Kosten: Wie eine dem MONAT vorliegende Abrechnung beispielhaft zeigt, kostete Strutz die Stadt im Juli 2020 exakt 15.121,27 Euro. Für „Normalstunden“ verrechnete die APS Group, das ist die Personalleasingfirma, die an Strutz vermutlich gut mitverdient, 10.330 Euro. Überstunden: 1.833,50 Euro. Mit Steuer also über 15.000 Euro.

Hallenbad. In der Abrechnung der APS-Group scheinen auch Diäten und Reisekilometer auf. Zusammen 324 Euro. Die Strutz für eine Dienstreise nach Wien verrechnete. Grund: „Vitalbad Klagenfurt“, wie aus dem Dienstreiseantrag hervorgeht. Denn Strutz koordinierte nicht nur die 500-Jahr-Feier. In Strutz‘ Aufgabenbereich fallen auch große Infrastrukturprojekte wie beispielsweise das neu geplante Klagenfurter Hallenbad („Vitalbad“). Das sagt er 2018 bei seiner Bestellung selbst: „Ich werde für Großprojekte wie den Wald im Stadion (…) und das neue Hallenbad zuständig sein“, zitiert ihn die Kleine Zeitung.

 

Provisionspakt. Gut sieben Monate später unterschreibt Strutz einen Vertrag, der nicht nur zu Wolken in den Medien führen, sondern einen regelrechten Hurrikan in der Landeshauptstadt entfachen könnte: Aus einem dem Kärntner MONAT vorliegenden Provisionsvertrag, den Strutz mit einer Wiener Baufirma abgeschlossen hat, geht hervor, dass er – und eine weitere Person – 10.000 Euro netto kassieren, wenn sie der Wiener Firma Infrastrukturprojekte vermitteln. Und das pro Projekt. Unter dem Punkt „Vertragsgegenstand“ wird beispielhaft wie salopp aufgezählt: „Hotel, Einkaufzentren (sic!), Krankenhäuser, Energie, Infrastruktur, U.a (sic!).“ Schon allein die letzten drei Kategorien – Krankenhäuser, Energie und Infrastruktur – lassen mitunter den Schluss zu, dass es sich dabei auch um öffentliche Projekte handeln könnte. Eben solche, die Strutz seiner Aussage nach im Auftrag der Stadt koordiniert.

Einen weiteren „Betrag in Höhe von 1-3 (ein bis drei) Prozent der Investitionssumme“ sollen Strutz und die andere Person „nach Vertragsabschluss mit der Realisierung der jeweiligen Investitionsprojekte“ von der Wiener Firma kassieren. Bei dieser handelt es sich um die CDC Construction and Design-Consulting GmbH. Abgeschlossen wurde der Vertrag am 28. November 2018. Gegengezeichnet vom Wiener Unternehmer Sami Akpinar, der knapp ein Jahr später, im September 2019, bei einem Autounfall tödlich verunglücken sollte. Zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ist Akpinar allerdings noch 49-Prozent-Eigentümer der CDC. Einer Firma, deren 2019er Bilanz zumindest Fragen aufwirft: Sie weist nämlich unter dem Titel „Anlagevermögen“ exakt null Euro aus. Für ein Bauunternehmen eher ungewöhnlich. Wie eine solche Firma Bauprojekte in der Größenordnung von Hotels, Einkaufszentren oder gar Krankenhäusern stemmen soll, bleibt offen – zumal an der angegebenen Firmenadresse niemand zu erreichen ist und auch der Geschäftsführer der CDC auf einer weiteren Nummer nicht abhebt. Bei gezählten 17 Versuchen!

 

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Besagter Provisionsvertrag mit der CdC Construction and Design-Consulting GmbH, der Name des zweiten Auftragnehmers ist geschwärzt, aber der Reaktion bekannt.

 

Ich habe mit all dem nichts zu tun.“
Martin Strutz bei der Anfrage gegenüber dem MONAT

 

Doppelter Strutz. Vom MONAT erstmals mit dem Provisionsvertrag konfrontiert, erklärt Strutz, dass es einen zweiten Martin Strutz gäbe, „einen Immobilienmakler, vielleicht wenden Sie sich an den. Ich habe mit all dem nichts zu tun.“ Im Laufe des Gesprächs und mit dem Vorhalt, dass seine Unterschrift den Vertrag ziere, fällt Strutz dann aber seine Beteiligung an dem  Deal wieder ein. Allerdings sei er diesbezüglich „nie tätig geworden“. Mehr noch, der Vertrag sei „für ein Hafenprojekt in Triest abgeschlossen“ worden und habe mit seiner Tätigkeit für die Stadt Klagenfurt nichts zu tun. Strutz bestreitet, je einen Termin zwischen der CDC und der Stadt koordiniert zu haben, bei dem sich Akpinar als möglicher Investor für Stadtprojekte ins Spiel hätte bringen können. Tags darauf erreicht den MONAT eine schriftliche Stellungnahme von Strutz: „Zwischen der CDC Construction and Design-Consulting GmbG (sic!) haben meines Wissens und unter meiner Mitwirkung niemals irgendwelche Kontakte bezüglich der Realisierung oder Beteiligung an Projekten der Landeshauptstadt Klagenfurt stattgefunden“, schreibt Strutz. Was allerdings nicht heißt, dass es keinen Termin gab. Den gab es nämlich: Zwar sei ihr die CDC nicht bekannt, „es hat jedoch im Dezember 2018 einen Termin mit Herrn Sami Akpinar von der Firma Thabus gegeben“, teilt die Stadt auf Anfrage mit. Und: In besagtem Termin habe sich Akpinar „der Stadt als möglicher Investor angeboten“. Delikat dabei: Akpinar ist nicht nur 49-Prozent-Eigner der CDC – ihm gehören auch 20 Prozent an der Thabus, die an der gleichen Wiener Adresse residiert wie die CDC. Und die gleiche Telefonnummer hat. Bei der niemand abhebt. 

 

In besagtem Termin habe sich Akpinar „der Stadt als möglicher Investor angeboten“
Antwort aus dem Magistrat 

 

„Termin mit Bürgermeisterin“. Wie vertraulicher E-Mail-Verkehr zwischen Akpinar und ihm belegt, dürfte Strutz die Sache im Jahr 2018 noch nicht so eng gesehen haben: Die Entwürfe für Strutz‘ Provisionsvertrag sind nämlich nicht von der CDC, sondern von der Office-Mail-Adresse der Firma Thabus gekommen. Also jener Firma, als dessen Vertreter Akpinar sich im Dezember 2018 als Investor bei der Stadt Klagenfurt vorstellte. Am 19. November mailt Akpinar an Strutz: „Anbei sende ich Ihnen, den von uns überarbeiteten und angepassten Vertragsentwurf für die Provisionen. (…) Zum Thema Klagenfurt: Hierzu konnte ich eine erste Zustimmung seitens des Investors bekommen (...) Natürlich können Sie den Termin mit der Bürgermeisterin in der zweiten Woche im Dezember bestätigen.“

Strutz jedoch beharrt in seiner Stellungnahme darauf, dass der Vertrag nichts mit seiner Tätigkeit für die Stadt zu tun gehabt hätte und es rein um besagtes „Projekt in Triest“ gegangen sei. Aber auch das sah er 2018 offenbar noch anders. Strutz antwortet  auf Akpinars E-Mail am 27. November nämlich: „Vielen Dank für die Übermittlung der Vertragsentwürfe. Der Vertrag 1 (...) geht so in Ordnung. (…) ich bringe ihn morgen zu unseren (sic!) Meeting (…) mit“, schreibt Strutz. Und weiter: „Beim zweiten Vertrag (…) bitten wir um Ergänzungen.“ In diesen reklamiert er nicht nur zwei weitere Geschäftspartner hinein, sondern versucht auch noch unter dem Punkt „Vertragsgegenstand“ die Ergänzung „Hafenanlagen, Marina, etc.“ unterzubringen. Hierbei dürfte es sich tatsächlich um Strutz‘ Triestiner Vertrag handeln, der sich genau in diesem Punkt und in der Anzahl der Unterschriften von „Vertrag 1“ unterscheidet, in dem nur ein Compagnon mitzeichnet. Beide Dokumente liegen dem Kärntner MONAT vor.

Keine Zahlungen. Es ist zu bezweifeln, dass es zu Zahlungen der CDC oder der Thabus an Strutz gekommen sein könnte. Jedenfalls berichtet das der Compagnon von „Vertrag 1“. Auch Strutz erklärt, dass es nie Geldflüsse gegeben habe und das Papier nicht „rechtskräftig geworden ist“. Nachträglich betrachtet wäre der Vertrag „ein Fehler gewesen“, sagt Strutz, wobei er sich mit dieser Aussage auf das Triestiner Papier bezieht. Einen zweiten Vertrag habe es nicht gegeben, sagt er. Warum aber dann Akpinars Terminwunsch bei Ex-Bürgermeisterin Mathiaschitz? Warum dann Strutz‘ Mitwirkung am Zustandekommen des Termins? Und warum spricht Strutz im E-Mail-Verkehr selbst von zwei Verträgen?

Die Mails mit Akpinar liefen über Strutz‘ Privatfirma. Laut Gewerberegister verfügt Strutz aber über keine Berechtigung zum Vermögensberater, die für die Vermittlung von Investitionsprojekten jedoch nötig wäre.

Stellt sich letztlich die Frage: Folgen Konsequenzen? Wenn ja: Strutz wäre nicht der Erste der „Buberlpartie“, der mit solchen konfrontiert sein würde.

 

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