Lifestyle | 01.06.2015
Der Frust mit der Lust
Eine Pille gegen die Flaute im Bett – gibt es die? Ja, Viagra. Für den Mann. Aber auch viele Frauen wünschen sich die Wunderpille, die alles wieder gutmacht. Denn sie sind viel häufiger von sexuellen Funktionsstörungen betroffen als Männer, leiden still darunter und sind oft mit Schuldgefühlen gegenüber dem Partner geplagt. Doch es gibt durchaus Möglichkeiten, um die Lust wieder in Schwung zu bringen. Susa Haberfellner verrät, wie dem Frust mit der Lust der Kampf angesagt werden kann.
Was können Gründe für sexuelle Unlust bei Frauen sein?
Die Ursachen sind vielfältig. Hemmungen, Unerfahrenheit, Ängste, Scham- gefühle, unbewältigte Konflikte, Erfahrungen mit Gewalt und Verletzungen, Konflikte in der Beziehung können uns zum Beispiel hindern, eine befriedigende, lustvolle Sexualität zu erleben. Ein anderer großer Lustkiller ist Stress – nicht nur bei Frauen. Wer im Dauerstress ist, kann auf Dauer keine Lust auf Sex entwickeln, weil Körper und Geist permanent mit anderen Dingen beschäftigt sind. Auch körperliche Faktoren können die Ursache für sexuelle Unlust sein, etwa Schmerzen beim Sex, chronische Erkrankungen, psychiatrische oder Suchterkrankungen. Hierbei sollte man sich an einen Arzt des Vertrauens wenden.
Was ist dran an der Lustpille für die Frau?
Der Bedarf nach einem libidofördernden Medikament für Frauen ist nach einer Studie der Deutschen Gesellschaft für Sexualmedizin da. Die Entwicklung einer Lustpille ohne gravierende Nebenwirkungen gestaltet sich allerdings schwierig. Die Sexualforscherin Ellen Laan zeigte in einer Studie, dass die Reaktion der weiblichen Genitale auf sexuelle Reize nicht automatisch mit dem Empfinden von Lust verbunden ist, also dass durchblutungsfördernde Mittel wie Viagra bei Frauen ihre Wirkung verfehlen. Der Schlüssel scheint im Gehirn zu liegen. Verschiedene luststimulierende Substanzen, in klinischen Studien erprobt, haben es nicht auf den Markt geschafft.
Ursachen für Lustlosigkeit wie Partnerschaftsprobleme, Stress oder depressive Verstimmungen lassen sich bereits gut mit Psycho- oder Sexualtherapie oder mit Hilfe von Antidepressiva oder angstlösenden Mitteln behandeln.
Was, wenn der Partner ein deutlich stärkeres sexuelles Bedürfnis hat als man selbst und ständig Sex will, während man selbst lieber kuschelt?
Es ist fast ausgeschlossen, dass bei einem Paar beide gleich viel Lust aufeinander haben. Ungleich verteilte Lust ist also völlig normal. Ein Problem ist es erst dann, wenn einer darunter leidet. Die Zahl der Paare, die mit dieser Problematik in die Sexualberatung kommen, steigt. Vor allem Frauen zwischen 35 und 50 Jahren, die Kinder und Beruf unter einen Hut bringen wollen und somit in einer sehr stressigen Lebensphase sind, kommt oft die Lust abhanden. Viele Frauen fühlen sich schuldig, weil sie ihre Partner enttäuschen, obwohl sie sie lieben.
Wie wichtig ist regelmäßiger Sex für eine Beziehung? Gibt es eine „Norm“, die sagt, wie oft man miteinander schlafen muss, damit die Beziehung als erfüllt gilt?
Wenn Sie verliebt sind, haben Sie höchstwahrscheinlich öfter Sex, als wenn sie schon längere Zeit zusammen sind – da ist es auch egal, wie alt Sie sind. Wenn nach einigen Jahren Partnerschaft im Bett nur noch wenig läuft, muss das auch kein schlechtes Zeichen sein. Sofern nicht schon jedes Interesse füreinander erloschen ist, können seltenere Intimkontakte darauf hindeuten, dass sich beide Partner sicher und geborgen fühlen. Es gibt aber Paare, die meinen, Sex muss sich spontan ergeben. In längeren Beziehungen verlagert sich der Lebensschwerpunkt in der Regel auf Alltagspflichten und so bleibt oft nur „Restzeit“ für den Sex. Viele warten dann vergeblich darauf, dass sich Sex spontan ergibt. Es ist allerdings wichtig, Zeit dafür einzuplanen!
Vorausgesetzt, es gibt keine körperlichen Ursachen, wie lässt sich die Leidenschaft in einer langen Beziehung dauerhaft aufrechterhalten?
Das ist eine große Herausforderung. Nach Phasen der Verliebtheit werden wir immer wieder vom Alltag eingeholt. Unterschiedliche Bedürfnisse, eine ausgewogene Balance zwischen Nähe und Distanz, die Bewältigung des Alltags und der unterschiedlichen Lebensphasen, wie z.B. Geburt eines Kindes, berufliche Anforderungen oder Veränderungen, Krankheit und Älterwerden, stellen hohe Anforderungen an die Beziehung. Dass das sexuelle Verlangen auf den Partner sich in den verschiedenen Phasen immer wieder verändert, ist ganz natürlich. Die eigenen Bedürfnisse nach Nähe, Distanz, Geborgenheit, Akzeptanz, Begehren und Lust ernst zu nehmen und sie dem Partner auch zu kommunizieren und sich als Paar Zeit für lustvolle Dinge zu nehmen, hilft, um mit sich und dem Partner gut in Kontakt zu bleiben.