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Lifestyle | 23.05.2019

Fleisch-Tiger

Wer gerne grillt, aber es nicht kann, landet irgendwann in der Notaufnahme von Grillmeisterin Yulia Haybäck.

Es gibt Dinge, die man kann – oder eben auch nicht. Als da wären: Singen, Salsa tanzen, Steak braten. Was die drei gemeinsam haben? Wenn man der Überzeugung ist, es zu können, dem aber nicht so ist, dann wird es exponentiell peinlich. Die Nachbarskinder halten sich demonstrativ die Ohren zu, man landet bei Dancing Stas und die nächste Grillerei feiert man im engsten Kreis. Will heißen: alleine.

Yulia Haybäck überspringt den Teil mit dem Singen und Tanzen. Das, obwohl die spanisch-österreichischen Wurzeln der 42-Jährigen beste Vorraussetzungen bieten würden. Denn Haybäck ist seit eineinhalb Jahrzehnten nicht nur Partyköchin, Catererin und kulinarischer Tausendsassa, sondern auch Grill-Akademikerin. Wenn eine helfen kann, dann sie. Mein Probblem: Böse Zungen behaupten, ich sei am Grill wie James Bond – jedes Fleisch stirbt zwei Mal. Würstel gehen, Spieße sind noch genießbar, bei Steaks über zwei Zentimeter wird es nicht nur im übertragenen Sinne sehr finster.

 

 

 

 

Geduld, Geduld. Geduld ist nicht gerade meine große Stärke, doch genau die fordert Haybäck ein. Denn erst wird vorbereitet: der Anzündkamin – wir grillen puristisch, what else – sorgt dafür, dass es mit der Glut etwas schneller klappt. Das Schweinefleisch für die Spieße wird in große Würfel ge- schnitten („Im Supermarkt verlangen die Leute immer Spieße um einen Euro und wundern sich, warum nix drauf ist.“) und das unglaublich saftige Porterhouse Steak von Kärntner Fleisch wird aus seiner Verpackung befreit. Das Steak haben wir übrigens am gleichen Tag beim Klagenfurter Schlachthof geholt. „Gutes Fleisch hat einen leicht nussigen Geruch, eine dunkelro- te Farbe und ist schön marmoriert“, er- klärt Alois Weiss von Kärntner Fleisch. Wobei frisch bedeutet: gut gereift. Die Diskussion zwischen „Dry“- und „Wet“-Aging-Methode sparen wir uns, sie würde Bände füllen.

„Wichtig ist vor allem, dass das Fleisch eine durchzogene Fettmaserung aufweist“, erklärt Haybäck.

Das 1,2 Kilogramm schwere Porterhouse auf dem Kochbrett ist die Königsklasse. Auf der einen Seite des Knochens findet sich saftiges Filetfleisch, daneben zartes Rumpsteak. Wer dieses Monster grilltechnisch bezwingt, hat keine Gegner mehr. Würzen? Ein Frevel! Nur ein wenig Olivenöl kommt mit einem weichen Pinsel noch auf die Oberflächen.

Inzwischen zeigt das Thermometer am Kugelgrill perfekte 250 Grad an. Stichwort Thermometer: Ohne das geht gleich in zweifacher Hinsicht nichts mehr. Es hilft bei der richti- gen Temperatur für das Anbraten, dem „Searing“. Und besonders bei dickeren Fleischstücken gibt ein gutes Steak-Thermometer Auskunft darüber, wie es um die inneren Werte des Steaks bestellt ist. Nach dem „Searing“, also dem scharf angrillen und erzeugen der Grillmarkierung wird umgebaut. Die Glut wird zur Seite geschoben, das Fleisch gart durch die jetzt indirekte

 

 

 

Grillen mit App. Andreas Kavalirek, Haybäcks kulinarischer, organisatori scher und vor allem privater Dreh- und Angelpunkt, zieht wie auf ein Stichwort das iPhone aus der Tasche. Per App (Sorry, liebe Steinzeit-Griller!) wird die Kerntemperatur des Porterhouse mit einem Fühler überwacht.

„Die große Gefahr besteht darin, dass man den richtigen Garpunkt übersieht und das Fleisch dann zu zäh wird. Das kann mit einem Steakthermometer nicht passieren. Inzwischen kosten selbst gute Geräte weniger als das Fleisch, das man damit brät. Die Investition lohnt sich auf jeden Fall“, sagt Haybäck. Die Garstufen eines Steaks sollten en hinlänglich bekannt sein. Echte Kenner schwören auf einen Tick weniger als „Medium Rare“, was in unserem Fall ungefähr 51 Grad Kerntemperatur bedeutet. Wie lange das tatsächlich dauert, ist von Fleisch zu Fleisch und von Griller zu Griller unterschiedlich. Auf Zeittabellen verzichten Profis deshalb gänzlich. Wer sich erdreistet ein Stück Steak anzuschneiden, um den Gargrad zu überprüfen kommt in die Grillhölle.

 

Wir hieven das Porterhouse vorsichtig vom Grill. Die Arbeit ist noch nicht ganz getan, denn serviert wird der König unter den Steaks traditionell aufgeschnitten. Haybäck erledigt das auf einem eigenen Salzstein, der den Geschmack perfektioniert. Das Fleisch schimmert rosa bis rot, der Fleischsaft ist dunkelrot. Drei bis vier Personen werden mit einem perfekten Porterhouse satt. Der Knochen ist dabei Chefinnensache, denn den schnappt sich die Partyköchin: „Jetzt kann man dein Gegrilltes ja tatsächlich essen!“