People | 23.09.2015
"Ich will so bleiben, wie ich bin"
Ich treffe Doris Grausam in ihrer Penthouse-Wohnung in Wels. In Hotpants gekleidet, die Figur immer noch top, öffnet sie mir die Tür. Auf der Dachterrasse zeigt sie mir ihre Arbeiten als Model. Ich komme aus dem Staunen nicht mehr heraus. Jahrzehntelang hat die Welserin für namhafte internationale Firmen gemodelt. Dabei wurde sie erst im Alter von 28 Jahren entdeckt und ist die Karriereleiter im Eiltempo nach oben gerast. Auch heute macht sie noch ab und zu Modeljobs, hauptsächlich arbeitet sie jedoch als Visagistin. Privat ist Doris Grausam seit drei Jahren glücklich mit Kabarettist Wolfgang „Fifi" Pissecker liiert.
Sie haben relativ spät mit dem Modeln begonnen. Wo wurden Sie entdeckt?
Das stimmt, denn mit 28 Jahren war ich ein absoluter Spätzünder. Meine Tochter war damals schon zehn Jahre alt. Entdeckt wurde ich auf der Sport- und Modemesse ISPO in München, wo ich für die Firma Löffler gearbeitet habe. Dadurch kam ich zu vielen Aufträgen. Dann hat mich die Modelagentur „Visage Models" unter Vertrag genommen und von da an ging es relativ rasch bergauf.
Wie war es damals, als Model zu arbeiten?
Ich war immer gerne unter Menschen und da ich mit meinen Kolleginnen auch sehr oft freundschaftliche Verhältnisse pflegte, hat die Arbeit meistens auch sehr viel Spaß gemacht.
Was hat sich von damals bis heute im Modelbusiness verändert?
Heute ist absolute Exklusivität gefragt. Die Branche mag Mädchen, die durch ein bestimmtes Merkmal herausstechen und anders sind als die klassischen Schönheiten. Außerdem gibt es heute keine lang andauernden Geschäftsverbindungen mehr. Ich modelte zum Beispiel 30 Jahre für Löffler, 20 Jahre für Airfield, 25 Jahre für Naturana, 15 für Triumpf und Lejaby, zehn Jahre für Betty Barclay und Hartlauer. Damals gab es einfach sehr viele Stammkunden.
Kann man sagen, dass Sie eines der gefragtesten Models Oberösterreichs waren?
Ich denke schon. Damals gab es in Österreich zehn gute Models, die den gesamten Markt mit tausenden Kunden abdeckten. Jetzt ist es umgekehrt. Durch die Castingshows gibt es tausende Models, die Agenturen sind übersättigt und die Kunden fehlen. Meine besten Arbeitsjahre hatte ich zwischen 35 und 50 Jahren. In dieser Zeit habe ich fast täglich gearbeitet. Das wäre heute kaum mehr möglich. Es hat mir einfach Spaß gemacht und ich war sehr diszipliniert. Was Modeschauen betrifft, bin ich sicher das Model, das sich im Leben am meisten umgezogen hat (lacht).
Was waren Ihre tollsten Jobs?
Der Höhepunkt war mit Sicherheit eine Modenschau auf einem Luxus-Kreuzfahrtschiff am nördlichsten Punkt der Welt und ein Shooting für ITAS-Reisen auf Jamaika.
Bekommen Sie heute noch viele Aufträge?
Das hält sich in Grenzen. Meistens ist man auf der Suche nach älteren Damen. Ich muss also noch zehn Jahre warten (lacht).
Sie haben immer noch eine Top-Figur … Müssen Sie dafür große Opfer bringen?
Nein, überhaupt nicht. Ich habe gute Gene, alle in meiner Familie sind schlank. Ich betreibe kaum Sport. Da ich viel als Dessous-Model gearbeitet habe, konnte ich mich natürlich nicht gehen lassen. Außerdem ist der Beruf ziemlich anstrengend. Einmal habe ich bei einer Messe für Bademoden an einem Tag circa 400 Bikinis angezogen. Das ist im Prinzip Sport genug.
War der 60er ein Problem für Sie?
60 zu werden ist nicht lustig. Ich ertappe mich sogar dabei, dass ich die Zahl nie ausspreche, wenn ich von meinem Geburtstag rede. Dennoch muss ich der Tatsache ins Auge blicken. Ich bin gesund und verbringe meine Zeit wesentlich entspannter als früher. Ich habe Zeit für den Partner und die Familie. Ich nähe, gehe gern in die Sauna und komme endlich dazu, mein Leben zu reflektieren. Was das Modeln betrifft, so bin ich sicher zur richtigen Zeit geboren. Und ich vergleiche mich nicht mehr mit anderen Frauen. Das ist eine Gnade des Alters.
Gibt es viele Neider?
Neid habe ich zum ersten Mal mit 50 Jahren gespürt. Wahrscheinlich deshalb, weil ich nach wie vor schlank war und nicht so schnell gealtert bin wie andere. Vielleicht habe ich damals auch mit Botox übertrieben, daher sind auch viele Gerüchte um Schönheits-OPs aufgekommen. Ich hatte damals im Business aber den Druck, mit jüngeren Models mitzuhalten. Heute gehe ich mit meinem Körper sehr entspannt um und fühle mich fantastisch in meiner natürlichen Haut.
Auch Ihre Tochter ist sehr attraktiv – war es für sie jemals ein Thema, als Model zu arbeiten?
Sie hat es sich einmal angeschaut, aber es war überhaupt nicht ihr Ding. Sie hat studiert und arbeitet erfolgreich als Psychologin und Psychotherapeutin.
Ihr Wunsch zum 60er?
Ich wünsche mir, dass ich die nächsten 20 Jahre so bleibe, wie ich bin. Außerdem möchte ich, dass alles so schön entspannt bleibt, wie es jetzt ist und mir meine Familie, meine Beziehung und meine Lebensfreude lange erhalten bleiben.